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BONJOUR TRISTESSE

Eine Kolumne von Hans Kleemann

War was? Schon irgendwie, es hatte jedenfalls seine Umstände, dass Sie  so lange nichts von mir gelesen haben — aber kein Grund zur Sorge, nun ist ja Herbst, es kann uns nichts mehr geschehen, einstweilen.

Es war ja auch ein bisschen arg viel Sommer, dieses Jahr, und  irgendwann kaum zu unterscheiden zwischen Hitzschlag und Verliebtheit. Jetzt sind die Temperaturen nüchterner und Berlin bekommt bei plötzlichen Regenschauern und allgemeiner Blätterverfärbung ein Ansehen, das mein neusachliches Herz höher schlagen lässt.

Der Landwehrkanal wurde als erster melancholisch. In der nun früher hereinbrechenden Dämmerung liegt er mürrisch unter müden Brücken zwischen bröckelnden Mauern und die Ratten, die darin schwimmen, scheinen leicht zu frösteln. Wie trist, wie herrlich.

Dann verschwand nach und nach die alberne Draußenbestuhlung. Die meisten Straßen liegen wieder kahl und leer und der Wind geht schärfer durch sie. Wer heute noch draußen steht raucht, hat also immerhin soviel Charakter, dass er das Straßenbild nicht verunstaltet. Die Mäntel kehren zurück und die Hoffnung bleibt, dass die dadurch verdrängten kurzen Hosen und Flipflops niemals wiederkehren werden in unser schönes, graues Berlin.

Manchmal ist es mittags um zwei stockdunkel, so ungeheuer sind die Wolkentürme, ehe stundenlanger Regen aus ihnen niederschlägt. Um fünf bricht alles auf, die Sonne, der man langsam anmerkt, dass sie schwächer wird, verschafft sich einen letzten, strahlenden Auftritt – ihr bleibt eine Stunde, aber den glühenden Horizont hinter dem Schattenmeer der Häuser werden wir so schnell nicht vergessen. Man müsste zum Kurfürstendamm, es ist die Zeit der Kunstlichter, die
heller scheinen müssen, als die profane Wirklichkeit. Der Kurfürstendamm, Regen und ein neuer Mantel – das ist stets die Rettung gewesen, aber er scheint immer ferner, der alte Glanz aus Märchenzeit.

Tagelang liege ich im Bett und male mir aus, was man machen könnte, sollte, müsste, da es endlich Herbst ist. Ohne Friederike fällt mir nichts ein und aufs Kino ist auch kein Verlass mehr.

Von uns genötigt, den Versuch einer kleinen Vita zu wagen, beschreibt Kleemann sich wie folgt.

Hans Kleemann, geboren am 25. VIII. 1995 in Dinkelsbühl, hat nichts gelernt und nichts abgeschlossen, denn er glaubt zu wissen, was er wirklich kann: Chansons komponieren und kleine, feine Kolumnen, Gedichte und Kurzromane zu schreiben. Wenn das Eine nicht funktioniert, dann hofft er auf das Andere, das wechselt wochenweise und darum kann ihn auch
Corona nicht unterkriegen: Er hat im Zweifelsfall gute Nachlassverwalter. Im Übrigen nimmt er sich gar nicht derart ernst, wie man meinen mag und tut sogar mitunter so, als besäße er Selbstironie. Man sieht: Er muss Künstler sein, andernfalls wäre er ein Fall für genauere Untersuchungen.

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