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#weiterschreiben 100 – Fiktion

Berlin, 29. März 2020

Autor: Matthias Pieper

Beatmung

Erik ist ein blasser Junge mit dünnen Armen und Beinen. Er ist von schwacher Gesundheit, das liegt auch an der schlechten Ernährung. Eriks Vater ist nach dem Krieg wieder nach Norwegen zurückgegangen. Erik hat also keinen Vater mehr, was zu dieser Zeit nicht selten ist. Eriks Mutter hat einen schweren Stand, alleinerziehende Mütter genießen kein hohes Ansehen im Jahr 1950. „Hure“ schimpft man sie.

Jetzt ist Erik auch noch an Kinderlähmung erkrankt, auch das ist keineswegs selten zu dieser Zeit. Bis zur Entwicklung eines Impfstoffes werden noch einige Jahre vergehen.

Erik muss ins Krankenhaus, und die Kinderlähmung wird so schlimm, dass er künstlich beatmet werden muss. Nur der Kopf schaut noch oben heraus, der Rest von Erik steckt in einer „eisernen Lunge“, einem großen Metallrohr, und ein Motor bewegt einen Mechanismus, der innendrin abwechselnd Unterdruck und Überdruck erzeugt. So wird Erik über fünf Tage am Leben gehalten, bis die Kinderlähmung zurückgeht und er wieder selbst atmen kann.

Die Maschine hat der Herr Doktor Dönhardt gebaut, das ist ein Arzt in dem Krankenhaus, in dem Erik liegt.

Eigentlich sollte aus dem Rohr mal ein Torpedo werden, aber dann kam es anders und der Krieg war zu Ende und die Rohre waren übrig.

Das Eisen für das Rohr kommt aus Norwegen, das die Deutschen im Krieg besetzt hatten, aus einer kleinen Bergarbeiterstadt hoch im Norden.

Eriks Vater weiß nicht, dass sein Sohn in diesem Rohr liegt. Und Erik und seine Mutter und Herr Dönhardt und auch Eriks Vater können nicht wissen, dass das Eisen für dieses Rohr, das erst ein Torpedo werden sollte und jetzt dazu dient, Leben zu retten statt Leben zu zerstören, aus der selben Stadt kommt wie Eriks Vater.

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