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Stipendiatin im Jahrgang XV

Von Herzen gratulieren wir unserer neuen Schreibhain-Stipendiatin Ina Gafarova.

Ihr Text überzeugte die Jury durch seinen Mut auf sinnliche Erfahrung, Bilder und Motive zu vertrauen – die aber stets an die Erlebenswelt des erzählenden Ichs rückgekoppelt sind – auf ganzer Linie.  Gafarovas Wettbewerbseinreichung wagt es, jenseits des Erwartbaren zu erzählen und entfacht eben dadurch seine ureigene Poesie.  Im folgenden lest ihr den von der Schreibhain-Jury ausgezeichneten Text.

 

Ina Gafarova, geb. 1979 in Görlitz. Der eingereichte Wettbewerbstext ist ihr literarisches Debüt, der 2017 in der Zeitschrift OSTRAGEHEGE unter Pseudonym veröffentlicht wurde.
Sie absolvierte zu Beginn ihrer Karriere eine Ausbildung zur Gärtnerin und studierte danach Germanistik, Kunstgeschichte und Philosophie in Dresden und Immaterialgüter- und Medienrecht in Berlin. Nach verschiedenen beruflichen Stationen in Museen und Verlagen arbeitet sie nun in der Rechtsabteilung der Verlagsgruppe Beltz. Sie lebt und schreibt in Frankfurt am Main und Berlin.

 

Kiens Fleisch

Mir platzt gleich der Kopf. Trotzdem bleibe ich in der Hitze unter dem Apfelbaum stehen und warte. Ich warte darauf, dass Großvater mir die Leber und das Herz reicht, damit ich beides in die Küche tragen kann. Er greift mit einer Hand in den geöffneten Bauch von Kien. Kien, mein seidig-schwarzes Kaninchen. Das Messer ratscht. Das Wasser dampft. Kiens Fell hängt aufgespannt am Wäschepfahl. Die Fliegen surren. Ich spüre, wie die Sonne meine Schultern verbrennt.

Im Haus ist es dunkel und kühl. Es dauert einen Moment, bis meine Augen sich daran gewöhnen. Großmutter sitzt auf einem Stuhl am Fenster. Sie sieht den Teller mit den Organen in meiner Hand. Auf ihrer Stirn vertiefen sich die Falten. Großmutter isst kein Fleisch. Aber sie kocht es für uns. Ihre Braten sind die besten. Während der Kochzeit schmeckt sie nicht ab. Ein guter Koch, sagt sie, kostet nicht.

Als junge Frau ist Großmutter fast verhungert. Auf ihrer Flucht sah sie Menschen um einen Topf mit Fleisch, das faulte. Dann lieber sterben. Der Ekel hält bis heute. Ich begreife nicht, wie sie bei ihrer Abneigung gegen Fleisch einen Metzger hat heiraten können.

Großmutter nimmt mir den Teller mit den Organen ab. Heute Abend wird sie eine Pfanne auf den Herd stellen, etwas Butter darin schmelzen und beides, Herz und Leber, in Sekunden darin braten. Prüfend betrachtet sie noch einmal die Organe, bevor sie den Teller in den Kühlschrank stellt. Ich denke an die alten Griechen. Im Wort Mágeiros steckt der Metzger wie der Magier. Bei uns sind diese Aufgaben verteilt. Großvater schlachtet. Großmutter kocht. Und sie ist diejenige, die die Organe beschaut.

Verschwitzt tritt Großvater ins Haus. Sein Hemd hat nasse Ränder. In der Hand hält er das ausgenommene Tier. Kien hinterlässt eine Spur roter Flecken auf seinem Weg in die Kühlkammer. Ich weiß nicht, warum Großmutter den Tieren Namen gibt. Alle Gänse heißen Emma. Und die Hühner ruft sie Liesel immer dann, wenn sie keine Eier legen. Namen haben keine Bedeutung, sagt Großvater. Denn Tiere sind zum Essen da.

Ich gehe zurück in die Mittagsglut. Mit dem Fahrrad will ich ins Dorf. Im weichen Asphalt zieht das Rad hinter mir eine Gerade. Ich nehme den Umweg durch den Wald. Der Kies knirscht. Mücken stieben auseinander, treffen spitz auf meine Haut. Ich presse den Mund zusammen, damit ich keine von ihnen einatme. Die Schatten der Bäume sind kurz. Bald spiegelt der Steinbruch durch das helle Grün. Das letzte unwegsame Stück zum Wasser muss ich das Rad schieben. Meine aufgeheizte Haut, die Blüten der Gräser, der Staub und das Wasser des Bruchs verbinden sich zum Geruch nach Sommer. Das Zirpen in den Halmen ist das einzige Geräusch.

Einen Moment lang lege ich mich in die Wiese. Im Boden unter mir knistert und summt es. Ich denke an Kien, dessen Körper nun im dunklen Kühlraum hängt. Morgen wird ihn Großvater mit dem Hackebeil bearbeiten. Er wird ein Brett auf den Küchentisch legen und mit kurzen kräftigen Schlägen den Körper Kiens in sechs Teile schlagen. Großmutter wird das Fleisch in einer Schüssel mit Buttermilch bedecken und an einen kühlen Ort stellen. Zwei Tage wird das Ganze ruhen. Erst dann wird sie die Stücke abspülen, kräftig salzen, pfeffern und mit Rosenpaprika bestreuen. Währenddessen wird die schwere Pfanne heiß werden. Sobald das Fleisch von allen Seiten braun ist, wird Großmutter es mit Wasser und Wein ablöschen. Sie wird Lorbeer und Wacholder hinzugeben, den gusseisernen Deckel auf die Pfanne setzen, noch einmal Holz auflegen und Kiens Fleisch auf der heißesten Platte des Herdes gar werden lassen. Es wird durch das Holzfeuer warm in der Küche sein. Auch die geöffneten Fenster werden kaum Kühle bringen. Eilig wird sie auf dem Steinboden der Küche hin und her gehen.

Eine Schweißperle rinnt aus meiner Achselhöhle. Ich lasse mich ins kalte Wasser gleiten. Eisig sticht die Kälte meinen Leib. Im alten Ägypten galten Kaninchen als Begleiter der Götter. Gab es einen Gott, der sich in der Gestalt eines Kaninchens verbarg? Die Götterlaunen bei den Griechen scheinen unergründlich. Es gibt kaum ein Tier darin, das nicht in den Verdacht geraten kann, ein verwandelter Gott zu sein.

Am Horizont ziehen Wolken auf. Ich kraule zum Rand und lege mich auf den aufgeheizten platten Fels. Das Wasser liegt spiegelglatt. Die Hitze drückt. Ich blinzele. Ein gelber Frosch schwimmt vor meinem Gesicht vorbei. Schaut. Schwimmt weiter. Taucht und verschwindet in der Tiefe.

Letos Klagen wegen wurden einst die Bauern in Frösche verwandelt. Zeus selbst verbarg sich im Körper eines Stiers, näherte sich Leda als Schwan. Poseidon und Demeter kopulierten als Pferde, Thetis flog als Vogel davon. Aber ein Kaninchen? Gut möglich, dass die Griechen keine Kaninchen kannten.

Die Wolken türmen sich inzwischen violett. Das Grün der Bäume leuchtet grell. Ich lange nach meinen Sachen. Mit noch nassem Haar setze ich mich wieder auf das Rad. Aus den Haarspitzen rinnen Wasserfäden. Sie hinterlassen eine nasse Stelle auf der Rückseite meines Kleides. Als ich den Dorfladen erreiche ist der Fleck bereits getrocknet.

Die weißen Locken der Bäckerin knistern elektrisch aufgeladen, als sie mir den bestellten Kuchen über die Theke reicht. Am Horizont ertönt ein dumpfes Grollen. Die Tüte am Lenker schwankt. Ich trete schneller, um vor dem Regen den Hof zu erreichen. Am Feldrand hinterm Haus sehe ich Großvater stehen. Von Weitem gebe ich ihm, der Futter senst, ein Zeichen. Ich bringe das Kuchenpaket in die Küche, in der Großmutter noch schläft, hole den zweiten Holzrechen aus dem Stall und gehe zu ihm. Eilig gabeln wir das geschnittene Gras auf den Leiterwagen. Die Deichsel knarrt. Mit einer Hand stützt Großvater sich beim Gehen auf die umgedrehte Sense. Sein Schatten würde ihn als Gevatter zeigen. Hinter uns blitzt es bedrohlich.

In der Küche koche ich Kaffee, schneide den Kuchen auf. Verschlafen sitzt Großmutter auf der Küchenbank. Das Gewitter scheint vorbeizuziehen. Das Grollen klingt noch leise in der Ferne. Durch die Baumwolle des Verbands drückt sich ein gelblicher Fleck. Ich reiche ihr den Korb mit Baumwollstreifen, die sie am Morgen von der Leine nahm. Während sie die gewaschenen Mullbinden aufrollt, lasse ich im Bad die Fußschüssel mit Wasser volllaufen. Hinter dem Spiegel finde ich das Fläschchen mit Jod. Schwerfällig tropft es aus dem dünnen Flaschenhals. Das Wasser durchziehen rotbraune Schlieren. Ich lege ein Handtuch bereit, stelle die Schüssel auf den Boden. Schicht um Schicht löse ich den Mull von ihrem Fußgelenk. Die darunter liegende letzte Kompressenschicht reißt kleine Wundkrusten mit. Dumpfer Geruch aus Schweiß und Eiter steigt auf und verfliegt. Vorsichtig setzt Großmutter den offenen Fuß ins Wasser.

Vor dem Fenster rascheln die Lindenblätter. Das Wasser weicht die harte Haut am Knöchel auf. Tote Hautschuppen schwimmen an der Oberfläche. Großvaters Stock klickt auf den Fliesen. Er schüttet Zucker zum Kaffee. Klimpernd kreist sein Löffel. Der Löffelstiel klopft gegen Porzellan. Dann trinkt er in einem Schluck die Tasse leer. Großmutter schüttelt den Kopf, greift nach dem Wetzstein für das Sensenblatt, der neben Großvaters Teller liegt. Der Stein fällt aus der Hand. Erschrocken schaut mich Großmutter an.

Die Heftigkeit des Donners lässt mich aufschrecken. Klumpig und nass liegt die Bettdecke auf mir. Dunkelheit umgibt mich. Vor dem offenen Fenster klatscht der Wolkenguss. Ein Blitz erhellt das Zimmer. Mein Bauch brennt. Es muss an den Tabletten liegen, dass ich so bildhaft träumte. Ich erinnere mich an die Worte der Ärztin, die heute Morgen erneut keinen kleinen Herzschlag finden konnte. Barfuß schleppe ich mich ins Bad. Das Haus ist muffig und kalt. Großmutter ist seit Wochen tot. Nur wenige Monate nach Großvater ist sie gestorben. Seit der Beerdigung ist niemand hier gewesen. Tastend gleiten meine Finger über die Wand nach dem Schalter. Das Licht flammt auf. Blendet mich. Dann engt sich mein Gesichtsfeld ein. Ich spüre, wie ich falle. Ich versuche, den Aufprall mit den Händen abzufedern.

Als ich zu mir komme, hat der Regen aufgehört. In der Dämmerung beginnt das Fenster über mir zu leuchten. Regen rinnt an der Scheibe hinab. Der Wasserhahn tropft. Auf dem kalten Fußboden liegend höre ich dem Rhythmus zu. Schmerz rollt als Welle nach vorn. Vorsichtig ziehe ich mich in die Hocke. Leberartige Dunkelheit gleitet aus mir heraus, rutscht weg. Schillernd umhüllt liegt das Kind vor mir, das noch keins ist. Bei meiner Berührung bricht es entzwei. Der Knacks steigt unter meine Schädeldecke, dehnt sich an den Lidern. Laut rauscht er in den Ohren. Verhakt sich im Hals. Mein Haar klebt. Metallgeruch bestimmt den Raum. In meinen stummen Zwiegesprächen habe ich das Kind stets Kien genannt. Ich schaue an, was vor mir liegt. Kiens Lider sind geschlossen. Die Ohren schimmern zart. Mein Gesichtsfeld wird streifenschmal. Das Bad verschwindet.

Als ich die Augen wieder öffne, flirrt Staub im Sonnenlicht. Ich strecke die Arme, strecke die Finger. Vorsichtig bewege ich den Kopf. Kein Schwindel. Ich drehe das heiße Wasser auf. Es bleibt kalt. Dennoch stelle ich mich unter die Dusche. Ich trinke aus der hohlen Hand. Tastend finde ich zurück ins Bett.

Erst nachmittags stehe ich auf. Langsam tappe ich durchs Haus. Fröstelnd lüfte ich alle Räume. Auch in der Küche läuft es nur kalt aus dem Hahn. Die Therme scheint nicht zu funktionieren. Ich mache Feuer im Küchenherd und setze Wasser auf. In Großmutters Fußschüssel weiche ich die Nachtwäsche ein.

Meine Bewegungen sind vorsichtig. Das Wasser wird rot und klebt an meiner Hand. Das Kleben wird den ganzen Tag lang anhalten.

Der Schmerz in mir rollt wie ein schwerer Stein. Dennoch öffne ich eine Dosensuppe und stelle sie auf die Ofenplatte. Die Schwalben fliegen tief. Mein Telefon zeigt eine Nachricht von Bela. Ich lese seine Nachrichten, die er mir in den letzten Wochen gesendet hat. In Großvaters Schreibtisch suche ich nach den Bedienungsanleitungen. Ich muss herausfinden, wie die Therme im Keller funktioniert.

Mit einer Taschenlampe steige ich die Treppe hinab. Das Licht der Kellerlampe ist schwach. Dick klebt der Staub auf den Regalen. Grau starren die Wände. Ich klappe die Abdeckung der Gastherme auf. Drücke nach der gefundenen Anleitung mehrmals den Hebel und höre, wie sie anspringt. Ich lasse das Licht meiner Taschenlampe über das Deckengewölbe wandern. Die Härchen auf meinen Armen richten sich auf. Was waren wir, die wir uns hierher verirrt hatten? Mir fällt nicht ein, wo ich das gelesen habe. Eilig erklimme ich die Stufen zurück. Mit wenigen Schritten durchquere ich die Kühlkammer. Die Fleischerhaken klimpern leer gegeneinander. Erst in der Küche atme ich aus. Mein Herz pocht.

Noch schaudernd stelle ich das Radio an. Ein alter Hit dröhnt aus dem Apparat. Der Bass ist kaputt. Mein Atem wird ruhig. Sonnenlicht fällt auf den Boden. Ich drehe am rot markierten Knauf der Spüle. Wärme rinnt über meine Haut. Die Suppe kocht. Ich nehme einen von Großmutters Lieblingstellern aus dem Schrank.

Die alte Katze mauzt vor der Tür, springt außen auf das Fensterbrett, presst sich an die Scheibe. Halbwild lebt sie zwischen Scheune und Wald. Froh, sie wiederzusehen, lasse ich sie hinein. Vorsichtig tritt sie ins Haus, folgt mir in die Küche. Berühren lässt sie sich nicht. Die Milch, die ich ihr einschenke, ignoriert sie. Stattdessen tritt sie ihr altes Kissen unter dem Ofen weich. Wieder und wieder zerfurcht sie mit ihren Krallen den Stoff. Schnurrend schließt sie dabei die Augen. Die Suppe dampft im tiefen Teller.

Knisternd verstummt das Radio inmitten des Refrains. Wahrscheinlich sind die Batterien leer. Die Katze schaut erschrocken, streckt sich. Trinkt nun doch die Milch. Schmiegt sich danach an mein Bein. Ich döse einen Moment auf der Küchenbank. Das Polster duftet schwach nach Großmutter.

Grell blendet mich die Sonne, als ich aus dem dunklen Haus ins Freie trete. Schützend hebe ich die Hand vor das Gesicht. Die Luft ist frisch. Hinter der kleinen Gartenmauer blühen wild die Akeleien. Der Löwenzahn leuchtet gelb. Am Schnurren höre ich, dass die Katze mir folgt.

Autoreifen knirschen von der Einfahrt her. Der Motor läuft leise. Eine Autotür öffnet sich. Unfähig mich zu rühren, stehe ich im Garten. Ich stelle mir vor, dass es Bela wäre. In meinem Kopf taucht ein Bild auf, dass ihn mir zeigt, wie er am Gartentor steht. Mein Gesicht wird hart.

Ich höre, wie die Autotür klappt. Das Auto fährt davon. Erst als ich sicher bin, wieder allein zu sein, gehe ich zurück zum Haus und nehme den Werbeprospekt aus dem Briefkasten. Bei meiner Ankunft war der Briefkasten randvoll davon. Mein Blick bleibt an der Anzeige des Metzgers hängen. Kaninchenfleisch im Angebot. Der Traum von letzter Nacht fällt mir ein. Gern würde ich ein Kaninchen braten. Stattdessen gehe ich durch den Garten, überquere das Feld. Schließlich betrete ich den Wald, an dessen Rand schon der Holunder blüht. Saftiges Grün schlägt über mir zusammen.

Im Unterholz beginnt bereits die Dämmerung. Vor mir liegt der alte Trampelpfad zum See. Heftiger Schmerz durchzuckt mich. Einen Moment lang ruhe ich aus. Der See bleibt unerreichbar. Erschöpft laufe ich den Weg zurück zum Haus.

Ein Bussard schreit über mir. Steigt kreisend. Im Gehen breche ich eine Holunderblüte. Ich könnte Sirup machen. Im Küchenschrank liegt noch ein Päckchen Zitronat. Auch leere Sirup-Gläser stehen im Regal. Die Dolde ist vom Regen nass. So oder so muss ich bis morgen warten. Ich schaue nach dem Vogel, der noch immer steigt. Ich überlege, wie lange ich noch hierbleiben kann.

Still sitze ich am Küchenofen. Dunkel liegt die Küche in der Dämmerung. Das Telefon wiegt schwer in meiner Hand. Mehrmals tippe ich die Nachricht ein, lösche sie, tippe erneut. Schließlich wähle ich das Hörersymbol. Lausche dem Ton. Es klingelt viermal. Dann springt Belas Mailbox an. Ich lege auf. Das Holz im Feuer hinter meinem Rücken knackt.

Es wird finster und ich ziehe die Vorhänge vor den Fenstern zu. Mit dem schweren Schlüssel verschließe ich, wie früher Großvater, die Haustür. Die Mitteltür versperre ich mit dem Balken, der tagsüber im Mauerwerk ruht. Im Bad finde ich eine angebrochene Packung Baldrian. Das Verfallsdatum ist abgelaufen. Elf von den Kügelchen schütte ich dennoch in die Hand. Süße erfüllt noch meinen Mund, als mein Telefon summt. Auf dem Display erscheint Belas Bild. Ich hebe es an mein Ohr. Meine Kehle wird eng. Die Stimme kratzt bei meiner Antwort. Als ich auflege, fühle ich mich erleichtert. Befreit nehme ich die Wolljacke vom Haken, sperre beide Türen wieder auf und trete hinaus. Still liegt der Garten. Die Nacht ist klar. Hinter dem Haus stelle ich mich unter den Apfelbaum und warte. Ich warte darauf, dass Großvater mir ein Herz reicht. Doch nichts passiert. Also gehe ich zurück ins Haus. Erneut verschließe ich die Türen. Lege den Riegel davor, nehme die Stufen hinauf in die Schlafkammer.

Als ich die Tür zur Kammer öffne, krächzt es mir hohl entgegen. Der Bussard sitzt auf dem Bett. Die Luft ist voller Taubenfedern. Der kleine Kopf der Taube liegt abgetrennt auf meinem Kissen. Mit schnellen Flügelschwingen erhebt sich der Greifvogel. Verlässt durch das offene Fenster den Raum. Ein kleiner Nachtfalter taumelt zwischen den fliegenden Federn im Deckenlicht. Kurz, vielleicht um sich auszuruhen, setzt er sich auf meine Hand, die immer noch die Klinke hält. Erschrocken sehe ich zu, wie die Taubenfedern zu Boden gleiten.

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