Der Morgen des 17. November 2019 zeigte sich in Berlin überaus regnerisch. Was für viele Bewohner*innen und Tourist*innen bloß der Auftakt eines typischen Herbsttages war, war für die Absolvent*innen des Jahrgangs VIII ihr großer Tag. Sie stellten ihre Romanprojekte einem Publikum vor, das neben Interessierten wie mir, vor allem aus Fachpublikum der Buchbranche bestand. So saßen neben diversen Literaturagent*innen auch bekannte Autor*innen, Lektor*innen und ein Filmproduzent im Zuschauerraum.
Dementsprechend gut konnte ich die Aufregung der Debütant/innen vor Beginn der Veranstaltung nachfühlen. Den starken Zusammenhalt des Jahrgangs, den Tanja Steinlechner, die Inhaberin der Autorenschule Schreibhain, in ihrer Begrüßung lobte, durfte ich hautnah vor Beginn der Veranstaltung miterleben. Die Studierenden hatten sich untereinander Mut zugesprochen und sich gegenseitig Tipps für die bevorstehende Präsentation gegeben. Dieses Miteinander und die gute Vorbereitung hatte sie wohl gestärkt. Jeder von ihnen meisterte die Präsentation souverän und ohne deutliche Spuren der vorangegangenen Aufregung.
Die Absolvent*innen führten das Publikum in jene Welten, die sie für ihre künftigen Leser*innen geschaffen hatten: Da war zunächst die ermutigende Liebes- und Entwicklungsgeschichte einer Bankchefin von der Autorin Nicole Schön. Danach lenkte uns Andrea Greul in die herrlich-skurrile Welt ihres lebendig-gewordenen Shoppingcenters, der „Mall of Malls.“ Diese Mall konsumiert zuweilen einige ihrer Kund*innen. In politische Gefilde lenkte uns Alexander Rapps mit seiner Protagonistin, die auf ihrem Weg von der aufgeklärten Geschichtsdoktorandin zur Geliebten eines Vertreters einer rechtspopulistischen Partei wird. Erst sehr spät erkennt sie, wozu sie sich hat hinreißen lassen. Großen Anklang fand auch Ingeborg Woitschs einfühlsame Erzählung einer Freundschaft zwischen einer alten, traditions- und wertebewussten Frau und einer jungen Gärtnerin mit Down-Syndrom. Auf einer exotischen Insel sucht Ingrid Reinhards Protagonistin nach ihrer verschwundenen Mutter und begegnet dort deren verborgenen Erinnerungen. Auch Matthias Piepers Roman ist eine Erinnerung. Der 29-jährige Dennis entsinnt sich seiner Beziehung mit der lebenslustigen und in mehrfacher Hinsicht ungewöhnlichen Samira. Nichts für schwache Nerven war Katharina Nobis‘ Thriller über einen Münchner Serienmörder, der wegen seiner brutalen und bewusst ästhetischen Präsentation seiner Opfer im Roman nur der „Knochenschäler“ genannt wird. Den Abschluss gab Nina Blundell mit ihrem psychologischen Roman über den Wandel einer einst feurigen Liebe zu kalt-erstarktem Hass.
Jeden dieser Texte fand ich auf andere Art interessant und inspirierend. Dazu trug auch das besondere Ambiente bei, in dem sie vorgetragen wurden. Selten durfte ich während Lesungen eine ähnlich inspirierende Lichtgestaltung erleben, wie in der Lettrétage. Mag diese Kombination zufällig oder gewollt gewesen sein, die rötlichen Lichtsprenkel an der Decke zusammen mit dem Schattenrund eines Scheinwerfers an der Rückwand ließen mich unwillkürlich an eine warme, sternenklare Neumondnacht denken. Das machte es mir leicht, mich auf die präsentierten Texte einzulassen.
Auch das körperliche Wohl kam nicht zu kurz. Die Studierenden hatten für ein reichhaltiges und vielseitiges Buffet gesorgt. Alles in Allem blicke ich auf ein sehr gelungenes Event zurück.
Christin Deja – Studentin des Jahrgangs XI