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Kleemanns Kolumne

Parlando

Das schöne an Berlin ist, dass hier sogar Leute wie ich auf Partys eingeladen werden. Weniger schön ist, dass ich da dann meistens auch hin muss und den schrecklichen Smalltalk zu belauschen habe, den dort lauter Leute verzapfen, die immerzu „diese“ statt „die“ sagen und meinen, das mache die Hochkultur aus. Außerdem nippen sie im Laufe des Abends zumeist am Pathos und dann wird’s peinlich… Neulich (also vor dieser Pandemie, also in einem ganz anderen Leben) habe ich mal ein paar Ganzlichter notiert und da ich zwar gerne Kolumnist bin, aber nicht gerne schreibe, möchte ich nun die Gelegenheit nutzen und diese Preziosen an Sie weitergeben. Zur ewigen Mahnung!

I. Ich verachte sie nicht. Bloß ihr Inneres. Die Klamotten sind Ok.

II. Ich bin keine Touristin. An der Nofretete gehe ich immer demonstrativ vorbei.

III. Karikaturen? Wenn ich nicht lachen will, gehe ich ins Kabarett.

IX. Wenn er von Flaubert spricht, meint er Balzac – und von dem hat er keine Ahnung.

V. Wenn wir über Probleme sprechen, machen wir besser Licht. Es wirkt sonst so melodramatisch.

VI. Weniger nachdenken? Mehr schlafen? Wir dürfen das Regietheater nicht siegen lassen!

VII. Dem Kurfürstendamm mangelt es inzwischen an Arroganz.

VIII. Kinder? Unterhaltsam, aber nicht abendfüllend…

IX. Du hast eine Krise? Was war dann das davor?

X. Talent ist die Butter, Eloquenz das Brot. Man wird auch ohne Butter satt.

XI. Natürlich ist er geistreich, aber er muss es ständig beweisen.

XII. Logik gibt für mich oft gar keinen Sinn.

XIII. Literatur muss sein wie ein geistiges Erfrischungstuch.

XIV. Manche Tage sind wie Mozart, manche wie Brahms. Heute war Schönberg.

XV. Bis dreißig darf man frech sein, ab dreißig arrogant.

XVI. Wenn man Geschmack hat, steht einem Vermögen einfach zu.

XVII. Sie liest im Restaurant und kommt sich nicht einmal albern vor. Für wen hält sie sich – Gertrude Stein? Das würde ihren Look erklären.

XVIII. Sie trägt am Kotti Dior und hält sich deshalb für mutig.

XIX. Selfies auf einer Party wirken, als ob man sich selbst beweisen müsste, dass man Spaß hat.

XX. Besitzen verleidet einem das schönste Kaufen. Ich liebe die Freude anderer. Wenn ich etwas verschenke, tu ich das allein aus Egoismus.

Sie sehen, man hat es keineswegs leicht, als Kolumnist und Gast. Aber deswegen gleich eine Pandemie zu beginnen, das wäre auch nicht nötig gewesen. Schon allein deshalb, weil ich meinen Lillet jetzt selbst zahlen muss. Also: auf bessere Zeiten und gute Gespräche. Chin-chin!

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